Sex, drugs and Bongo Fleva

(Dieser Artikel wurde zum ersten Mal 2006 veröffentlicht.)

Jugendliche Diskurse und Selbstdarstellung in der Song-Lyrik von Mikasi (‚Sex’; Ngwair 2004).1

Man Ngwair
Man Ngwair

Bongo Fleva2 ist seit einigen Jahren die dominierende Richtung der populären Musik in Tansania und hat die Muziki wa dansi (Tanzmusik) und den Taarab in der medialen Präsenz übertroffen. Zu Beginn der 1990er Jahre entstanden, orientierte sie sich ursprünglich eng an amerikanischer HipHop-Musik. In den letzten Jahren hat sie sich zunehmend diversifiziert und Elemente lokaler Musik sowie älterer beziehungsweise anderer zeitgenössischer Tanzmusik aufgenommen (Raab 2006: 43 ff.). Die Rap-Lyrik des Bongo Fleva ist augenfällig bestimmt durch 1) den Gebrauch von vorwiegend von Jugendlichen geprägter und verwendeter Swahili-Umgangssprache, 2) die Darstellung modernen jugendlichen Lebensstils, und 3) sozialkritische Inhalte mit pädagogisch-moralischer Tendenz. In jeder individuellen Lyrik sind diese Elemente in unterschiedlicher Mischung zu finden. In der Literatur wurde besonders der Gegensatz zwischen aufklärerischen didaktischen Texten („message“) und solchen, die der HipHop-Tradition des „battle“ zugeordnet werden können und von „boasting“ und „dissing“ geprägt sind („fleva“) diskutiert (Roch & Hacke 2006, Raab 2006: 100 ff.).

Die Beziehung zwischen urbaner Sprache, der Identitätsbildung von Jugendlichen und Rap-Texten ist für Afrika am Beispiel von Senegal und Gabun untersucht worden (Auzanneau 2003). In der dortigen multilingualen Situation kommt der Sprachwahl und Sprachmischung in den Texten eine wesentliche Ausdrucksfunktion zu. Die linguistische Situation Tansanias unterscheidet sich wesentlich von der Senegals, weil die frühere Kolonialsprache Englisch in Tansania eine eingeschränkte Rolle spielt, während eine indigene Sprache – Swahili – viele ihrer wesentlichen Funktionen übernommen hat. In den Rap-Texten des Bongo Fleva spielt die europäische Sprache daher eine geringere Rolle als die Verwendung eines jugendlichen Sprechstils auf der Basis des Swahili mit eigenen Neologismen und eigener Metaphorik. In der vorliegenden Analyse eines Song-Textes wird aber nicht nur der jugendliche Sprechstil berücksichtigt, sondern auch die Dialoge im Text analysiert und in Beziehung zur Selbstdarstellung der Rapper gesetzt. Darüber hinaus wird die Rap-Lyrik als literarisches Produkt verstanden, das in einer engen Beziehung zur Musik steht.

‘Bongo Fleva’ und jugendlicher Sprechstil

Bongo Fleva ist in erster Linie die Musik der Jugendlichen in Tansania und wird daher auch als Muziki wa kizazi kipya (‚Musik der neuen Generation’) bezeichnet. Das Konzept des „Jugendlichen“ beinhaltet in Tansania, zwischen etwa 15 und 30 Jahren alt zu sein und noch keine Familie gegründet zu haben. Viele Jugendliche sind darüber hinaus ohne eine Arbeitsstelle. Bongo Fleva stellt in gewisser Weise ein Sprachrohr der Jugendlichen dar, durch welches sie ihre Lebensumstände, ihre Befindlichkeit, ihre Wünsche und Befürchtungen in der Öffentlichkeit hörbar machen. Ebenso dient Bongo Fleva der Bildung einer jugendlichen Identität, die die Jugendlichen über die Grenzen Tansanias hinaus an Jugendkonzepte aus Jamaica und den USA anbindet (Remes 1999: 1). In den Texten lässt sich erkennen, dass dies in Auseinandersetzung mit traditionellen Werten der tansanischen Gesellschaft geschieht, besonders auch dem Erbe des etwa zwanzig Jahre währenden Ujamaa-Sozialismus, das keineswegs pauschal verurteilt und abgelehnt wird.3
Im Zusammenhang mit der Jugendidentität spielt die Sprache der Rap-Lyrik eine wesentliche Rolle, denn sie setzt sich durch die Verwendung jugendlichen Jargons vom Standard-Swahili ab. Damit wird Distanz zum „Normalbürger“4 ausgedrückt und ein Gruppengefühl der Jugendlichen verstärkt. Der jugendliche Sprechstil ist gekennzeichnet durch die Verwendung von Lexemen und Phrasemen, die von der Standardsprache abweichen und zunächst nur Insidern bekannt sind. Die Schöpfer dieser lexikalischen Elemente sind die Jugendlichen selbst. Durch morphologische und semantische Manipulation von bestehendem sprachlichen Material bilden sie neue Wörter und Ausdrücke. Überwiegend wird Standard-Swahili als Ausgangssprache benutzt, daneben spielt Entlehnung und Assimilation von englischen Lexemen eine größere Rolle, gefolgt von kenianischem Sheng. Lokale tansanische Sprachen sowie andere europäische Sprachen sind von untergeordneter Bedeutung. (Reuster-Jahn & Kießling 2006). Der jugendliche Sprechstil ist, in Übereinstimmung mit jugendlichen Sprachregistern andernorts, besonders durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  1. Besondere Begrüßungs- und Anredeformen
  2. Besondere Bezeichnungen für Menschen des jeweils anderen Geschlechts5
  3. Eine Vielzahl von Metaphern (hyperbolische, euphemistische, dysphemistische)
  4. Metonymien und Synekdochen
  5. Kurzformen von Wörtern
  6. Anglizismen und Lexeme aus anderen Sprachen
  7. Floskeln und Phraseme

Der jugendliche Sprechstil in Tansania beinhaltet viele Neologismen, die vorwiegend von Lexemen des Standard-Swahili abgeleitet sind. Daneben ist der Transfer amerikanischer Slang-Lexeme aus der HipHop-Kultur sowie allgemein der Transfer englischer Lexeme (Anglizismen) häufig zu beobachten. Werden die englischen Lexeme mit einer neuen Bedeutung versehen, so spricht man von Pseudoanglizismen. Die jugendsprachlichen Lexeme und Ausdrücke häufen sich in bestimmten semantischen Domänen, wie zum Beispiel Kleidung und Aussehen, Alkohol und Drogen, Frauen sowie Kommunikation (Reuster-Jahn & Kießling 2006). Um die Funktion der Abgrenzung zu behalten, müssen jugendsprachliche Elemente ständig erneuert werden. So erhalten manche Lexeme im Laufe der Zeit neue Bedeutungen, oder ältere Lexeme werden durch neue ersetzt.

Rap-Lyrik und Jugenddiskurse

Die sprachliche Konstruktion von Jugendidentität findet im Diskurs statt. Untersuchungen auf diesem Gebiet sind durch die Schwierigkeit, authentischen Diskurs aufzunehmen, behindert. Doch in der Rap-Lyrik steht Material zu jugendlichen Diskursen zur Verfügung. Viele Texte sind an ein Gegenüber gerichtet, meist an den Hörer oder, im Bereich der Liebeslyrik, an eine Frau oder einen Mann. Daneben gibt es erzählende Texte, die die Lebenserfahrungen der Rapper oder fiktiver Personen zum Inhalt haben. Im Bongo Fleva existieren aber auch Texte mit szenischer Darstellung, in denen Dialoge einen mehr oder weniger großen Raum einnehmen. Solche Texte liegen bis jetzt vor allem von Prof. Jay (z.B. Kikao cha dharura, Zali la mentali, Promota anabeep) und Ferooz (z.B. Bosi) vor. Im westlichen HipHop sind Rap-Texte mit eingebetteten Dialogen eher selten, Beispiele dafür sind „My band“ von D12 und „Stan“ von Eminem. Ein genauer Vergleich mit Rap-Lyriken aus anderen afrikanischen sowie westlichen Ländern wäre wünschenswert. Es bestehen aber auch Bezüge zur Praxis in der oralen Performanz von Volkserzählungen, in denen die unmittelbar szenische Darstellung einen breiten Raum einnimmt, wie beispielsweise für die Erzählpraxis bei den Mwera in Südtansania gezeigt wurde (Reuster-Jahn 2002: 177 ff.). Auch persönliche Erlebnisberichte folgen häufig diesem Muster. Offenbar wirken traditionelle Techniken der oralen Performanz in die neuen Formen des Bongo Fleva hinein. In Live-Auftritten der Bongo Fleva-Künstler wird die szenische Darstellung sogar teilweise zum Theaterspiel ausgebaut (Roch & Hacke 2006: 9). Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen medialen Genres und ihren Verfahren müssten genauer untersucht werden, um die gegenwärtigen popkulturellen Entwicklungen angemessen zu verstehen.

Die Rap-Lyrik von Mikasi ermöglicht einen Einblick in die Lebenswelt der Jugendlichen des Bongo Fleva-Milieus. Sie enthält Dialoge in der Gruppe, mit Außenstehenden (Taxifahrer) und mit Frauen, die für eine gemeinsame Nacht gewonnen werden sollen. In diesen Dialogen stellen sich die jugendlichen Rapper selbst dar. Die Verwendung von jugendsprachlichen Lexemen und Ausdrücken ist Teil dieser Selbstdarstellung. Deshalb kann die Lyrik als Material für die Untersuchung performativer Aspekte des jugendsprachlichen Lexikons dienen. So kann eine Annäherung stattfinden an Fragen wie: Wie funktioniert jugendliches Sprechen in Tansania, in welchen Kontexten und im Zusammenhang mit welchen Themen und kommunikativen Absichten wird der jugendliche Sprachstil verwendet?

Populäre Musik und Sprachentwicklung

Die Lyrik populärer Musik war bereits früher an der Schaffung und Verbreitung neuer Lexeme beteiligt (Graebner 1995, Mekacha 1992). In seinem Beitrag zur Bedeutung moderner, medial verbreiteter Textformen für die rezente Sprachentwicklung des Swahili bis zu Beginn der 1990er Jahre schreibt Graebner über die Texte der Muziki wa dansi (Tanzmusik):

“Sie stehen durch ihre starke Präsenz in Radio Tanzania Dar es Salaam oft an der Spitze neuer Entwicklungen und tragen dazu bei, diese einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Neuheiten einzubringen ist jedoch nicht immer einfach, denn RTD hält sich im Allgemeinen an die Empfehlungen von Bakita (Nationaler Swahili Rat Tansania). Die Musiker sprechen auch von Zensur, denn der Vorwand nicht standardgemäßer Sprache wird öfters benutzt, um unerwünschte Liedtexte abzulehnen.“ (1995: 276)

Die durch den „Broadcasting Services Act“ von 1993 zugelassenen privaten Sender kümmern sich weniger um die Empfehlungen von BAKITA (Baraza la Kiswahili la Taifa). Die Zensur wird vom Nationalen Kunstrat (BASATA – Baraza la Sanaa la Taifa) ausgeübt, der seine Einsprüche inhaltlich begründet. Die Privatisierung der Medien ist daher eine wichtige Voraussetzung für die Textgestaltung unter Verwendung von Umgangs- und Jugendsprache in der Lyrik. Bongo Fleva und, in geringerem Maße, andere populäre Musik (vor allem moderner Taarab) tragen in verschiedener Weise zur linguistischen Entwicklung bei (Reuster-Jahn & Kießling 2006): Die Musikstücke sind ein wichtiges Vehikel für die Verbreitung von Umgangs- und Jugendsprache.

  1. Von Künstlern selbst geprägte neue Ausdrücke werden verbreitet und in das jugendliche oder allgemein umgangssprachliche Lexikon aufgenommen (z.B. mtoto wa geti kali ‘sehr behütetes Mädchen’ (eigtl. ‘Kind des scharfen Tors’) < Lied der Bongo Fleva-Gruppe Gangwe Mobb)
  2. Namen von Künstlern oder Protagonisten der Lyrik dienen als Grundlage für onomastische Synekdochen (z.B. feruzi ‘AIDS’ < Name eines Bongo Fleva-Künstlers, der ein bekanntes Lied über AIDS herausbrachte)
  3. Musik- oder Tanzstile dienen als Grundlage für Metonymien (z.B. taarabu ‘ausladender Hintern’ < Name einer Musikrichtung, zu der mit Beckenbewegungen getanzt wird)

Die Analyse der Rap-Lyrik des Stücks Mikasi des Künstlers Ngwair (Albert Mangwea) soll im Folgenden beispielhaft jugendlichen Sprechstil und Diskurs in Tansania aufzeigen.

Mikasi

Titel: Mikasi (‚Sex’)
Publikation: August 2004
Künstler: Ngwair / MaNgwair (Albert Mangwea); featuring Mchizi Mox, Ferooz, Rah P6
Komposition: Ngwair
Studio: Bongo Records
Producer: Khalfan Majani (a.k.a. P. Funk)
Album: a.k.a mimi

Zusammenfassung des Inhalts

Mikasi ist der Party-Tradition des HipHop zuzurechnen,7 denn es geht darin um die großspurige Darstellung eines jugendlichen genussorientierten Lebensstils. Das Stück erzählt den Tagesablauf eines jungen Mannes und seiner Freunde aus dem Milieu der Bongo Fleva Künstler. Er hat keine Geldsorgen, aber auch noch nicht alles erreicht, was eine Karriere als Rapper verspricht. Er verfügt über modische Kleidung, Schmuck und Geld, besitzt aber noch kein Haus und kein Auto. Mit seinen Freunden, ebenfalls bekannte Persönlichkeiten des Bongo Fleva, genießt er sein Leben, und dazu gehört in der Darstellung des Liedes dreierlei: Alkohol, Marihuana und Sex. Es kann als repräsentativ für diejenigen Lieder gesehen werden, die den Lebensstil der jungen Männer zum Thema haben. Die Kernbotschaft ist im Refrain ausgedrückt: „Alkohol, Marihuana, Sex – Wenn du mit uns das Leben genießen willst, brauchst du Geld.“ Das Lied transportiert keine offen sozialkritische Botschaft, wie sie für einen großen Teil der Bongo Fleva-Texte typisch ist. Wenn man es allerdings im Zusammenhang des Albums betrachtet, ergibt sich ein anderer Eindruck. Auf Mikasi folgt das Stück Bado Nimo (‚Ich bin noch da bzw. drin’), in dem die Krankheit AIDS personifiziert auftritt und in der Ichform von ihren Erfolgen erzählt. Dieses Stück kann als Kommentar zum vorhergehenden gelesen und als Warnung gegenüber dem dort vertretenen Lebensstil interpretiert werden.

Rezeption von Mikasi

Das Album a.k.a. mimi wurde 2005 im Rahmen des Kilimanjaro Music Award mit dem „Best HipHop Award“ ausgezeichnet. Der Produzent P. Funk bekam im gleichen Wettbewerb den „Best Song Producer Award“ (http://www.ippmedia.com/ipp/guardian/2005/07/08/43881.html).
Der Track war sofort in den Charts ganz oben und wird heute noch gespielt. Er ist dynamisch, hat einen schnellen Beat, und der vierzeilige Refrain ist sehr eingängig.

Anfang November 2004 bezeichnete der Nationale Kunstrat (BASATA) die Songlyrik von Mikasi als unethisch und drohte, das Lied zu verbieten. BASATA warf den Künstlern vor, mit ihrem Lied die Prostitution und den Gebrauch von Marihuana zu fördern. Die Zeitung „Guardian“ kommentierte: „The move is very good, but Basata is already late“ (http://www.ipp.co.tz/ipp/guardian/2004/11/13/24494.html). Die Kassetten waren bereits in der Distribution und zum Teil schon verkauft. Fred Ogot, der Autor des Artikels im „Guardian“ kommentiert nicht nur den Inhalt des Liedtextes, sondern auch seine Sprache, wenn er schreibt:

„We expect Basata to ask the artistes [sic] the meaning of the words used in the songs rather than threaten them. Mikasi talks about mitungi, mikasi and brandy, and may be Basata could have inquired the meanings of those words.“

Dieser Abschnitt bezieht sich auf den Refrain des Liedes „Mitungi, blanti, mikasi – ukitaka kuvinjari nasi – lazima mfukoni mwako nawe uwe safi.“ (Alkohol, Marihuana, Sex – wenn du mit uns das Leben genießen willst – musst du was in der Tasche haben). Das Lexem blanti ist dem Autor offenbar nicht bekannt, und er interpretiert das, was er im Lied hört, als „brandy“. Es handelt sich bei blanti jedoch um den Transfer einer amerikanischen Slangbezeichnung für „Marihuana“.8 Hier ist eindeutig belegt, dass der Text des Liedes eines Funktion erfüllt, die Jugendsprache im Allgemeinen zugeschrieben wird: die Exklusion bestimmter gesellschaftlicher Gruppen. Die beiden anderen Schlüsselbegriffe des Stücks, mitungi und mikasi, erfasst Ogot als Lexeme des Swahili, hat aber Zweifel, ob er sie richtig versteht. Er vermutet zu Recht, dass ihnen von den Jugendlichen eine neue Bedeutung gegeben wurde: mitungi, eigentlich ‘bauchige Tongefäße zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten’ erhielt durch Metonymie die Bedeutung ‘alkoholische Getränke, Alkohol’, während mikasi, eigentlich ‘Scheren’, als Metapher für ‘Sex’ steht.

Text Mikasi

In der folgenden Präsentation des Textes sind Lexeme und Phraseme unterstrichen, die dem jugendlichen Sprechstil zuzurechnen sind. Die reimenden Silben sind fett gedruckt.

Stöhnen einer Frau
Instrumental
Aaah, Wewe Aaah, Du
Strophe I: Ngwair
1 Ni asubuhi naamka ninapiga mswaki Es ist Morgen, ich steh auf, ich putz mir die Zähne
2 Kisha naenda kubath kuweka mwili safi Dann geh ich mich waschen, mach meinen Körper sauber
3 Narudi ghetto nafungua kabati Ich geh zurück in mein Zimmer, ich mach den Schrank auf
4 Nachukua pamba, blingbling, kwa chati Ich nehm Klamotten, Schmuck, alles vom Feinsten
5 N’na t-shirt black n’na jeanz ya kaki Ich hab ein schwarzes T-Shirt, ich hab Jeans in khaki
6 Na chini nina simple white chata nike [naiki] Und unten hab’ ich „simple white”, Marke Nike
7 Kisha, mzee, najipulizia marashi Dann, Alter, besprüh ich mich mit Duft
8 Aahhh, nanukia safi Aahhh, jetzt riech ich gut
9 Niko na machizi wa Chamber Squad na Dark[i] Ich bin zusammen mit den Kumpels von Chamber Squad und Dark
10 Tunapiga simu Rich Coast wako wapi Wir rufen Rich Coast an, fragen, wo sie sind
11 Tunakutana mitaa ya Chaga Bite [baiti] Wir treffen uns in der Gegend von „Chaga Bite”
12 Asubuhi tunapata zetu supu kwa chapati Morgens kriegen wir Suppe mit Chapati
13 Na mitungi ya kupotezea wakati Und Alkohol, um uns die Zeit zu vertreiben
14 Ukitaka fegi mezani kuna pakti Wenn du Kippen willst, auf dem Tisch liegen die Schachteln
15 Iwe sports yaani SM au Embassy Egal, ob „Sports”, das heißt „SM” oder „Embassy”
16 Hapa utakula raha mpaka mwenyewe utasema basi Hier kannst du abhängen, bis du genug hast
17 Tunakamua mpaka ile mida ya lunch [lanchi] Wir genießen’s, bis es Zeit wird fürs Mittagessen
18 Tunaagiza ugali mkubwa na samaki Wir bestellen ne große Portion Ugali und Fisch
19 Makamuzi yanaendelea mpaka night [naiti] Das Abhängen geht weiter, bis in die Nacht
20 Watu wanaingia graveyard kwanza kupata nyasi Die Leute gehen zum Friedhof um Gras zu besorgen
21 Tunarudi kila mmoja anajisachi {mmh} Wir kommen zurück, und jeder sieht nach
22 Ni kiasi gani mfukoni kilichobaki {oouuhh} wieviel er noch in der Tasche hat
23 Kujicheki mi n’na kama laki Beim Nachsehen merk ich, ich hab so hunderttausend,
24 Nikawaambia machizi kinachofuata MIKASI9 dann sag ich den Kumpels, was jetzt kommt, ist SEX
Kiitikio (Refrain): Ferouz
1 Mitungi-i-iiii, blanti-i-iiii, Alkohol, Marihuana
2 Mi kasi-i-iiiiii (oooh yeeeaaaaaaaah) Sex
3 Kama ukitaka kuvinjari nasi Wenn du mit uns das Leben genießen willst,
4 Basi mfukoni mwako nawe uwe safi dann musst du was in der Tasche haben
x2
Strophe II: Ngwair
1 Kulewa tushalewa kilichobaki mikasi Betrunken sind wir schon, was jetzt noch fehlt, ist Sex
2 Washikaji eh, milupo tutapata wapi? Freunde, wo kriegen wir Frauen her
3 Milupo, labda mitaa ya kati Frauen – vielleicht im Stadtzentrum
4 So tunaenda vipi, kwa miguu au kwa basi? o.k., wie kommen wir da hin, zu Fuß oder per Bus?
5 Usiku huu bora tuchukue taksi Es ist schon nacht, nehmen wir lieber ein Taxi
6 Haya basi tusipoteze wakati O.k., dann lasst uns keine Zeit verlieren
7 – – – – Naita taksi – – – – Ich ruf’ ein Taxi
8 Njoo utupeleke mitaa ya kati Komm, fahr uns ins Zetrum
9 Tukacheki midudu ya kupiga mikasi Wir wollen nach Weibern zum Sex Machen Ausschau halten
10 Tuelewane kabisa itatucost shing’ ngapi? Lass’ uns einig werden, wieviel Schillinge kostet es uns?
11 buku nne tu – Aah, wapi Nur viertausend – Aah, was,
12 Kwani hapa na pale ni umbali wa hatua ngapi? Wieviel Schritte sind’s denn schon von hier bis dort?
13 Si mnacheki wenyewe mko wangapi Ihr seht doch selbst, wie viele ihr seid
14 Usimaindi sana babake hatuko safi Verlang’ nicht so viel, Mann, wir haben nicht genug
15 Tuchangeni tusipoteze wakati Lasst uns zusammenlegen, keine Zeit verlieren
16 Ludigo, kwani we una shing’ ngapi? Ludigo, also, wieviel Shillinge hast du?
17 Buku tano – Venture? – Bati Fünftausend – Venture? Hundert
18 Sasa we una bati, usiku huu unaenda wapi Also, du hast hundert, wie weit kommst du damit, heute nacht?
19 Wakati hiyo bati hata soda tu hupati Wo du für diese hundert noch nicht mal nen Softdrink kriegst
20 Bora uweke, kesho unywee chai na chapati Heb sie lieber auf und kauf dir morgen davon Chapati zum Tee
21 Asiye na kitu mi naona bora akabaki Wer nichts hat, der, so meine ich, sollte bessser hier bleiben
22 Tusije mbele tukashikana mashati (oooh) Damit wir uns später nicht in die Wolle kriegen
23 Suka eh! tuanzie Masaki Fahrer eh! Wir wollen erstmal nach Masaki (Vornehmer Stadtteil von Dar es Salaam)
24 Mchizi kapiga simu yaani kuna bonge la party [pati] Unser Kumpel hat angerufen, dass es da ne tolle Party gibt
Kiitikio x2 Refrain x2
ehe, one, two, cheki
Strophe III: Ngwair und weitere Rapper im Wechsel
1 Dereva funga breki tushafika kwenye party Fahrer, stop, wir sind schon bei der Party angekommen
2 Eeeh bwana eh, kumbe bonge la party Eeh, Mann, eh, echt ne tolle Party
3 Cheki mademu kibao utadhani kitchen party Guck mal, massenhaft Frauen, man könnte denken, hier ist ne „Kitchen Party”
4 Duh! cheki lile anti lililovaa skintaiti Hey! Schau, die Frau mit dem hautengen Kleid
5 Ee bwana eh! liko safi sio mchezo babake unaweza ukahonga laki Eh, Mann, eh! Die ist klasse, bei der kannst du hunderttausend loswerden
6 Aah wapi mtu kama mi hanipati Ach was, die kriegt keinen wie mich
7 Usawa wenyewe huu wa kulenga kwa manati das wäre so schwierig wie mit der Schleuder zielen
8 Haya basi tujichanganye katikati Also los, rein ins Geschehen
9 Tukacheki mitungi na mademu wa mikasi Lasst uns nach Alkohol und Frauen für Sex Ausschau halten (Bridge):
10 Oyaa, braza mwenye black unaitwa na yule anti Oyaa, du, Brother mit dem schwarzen [Kleidungsstück], die Frau dort fragt nach dir
11 Yuko wapi Wo ist sie?
12 Yule aliyevaa suti ya kaki Die dort im khakifarbenen Anzug
13 Anti vipi? Wie geht’s, Tante
(Rah P):
14 Mmh, aah safi, samahani kwa kukupotezea wakati Mmh, aah, gut, entschuldige, dass ich dich aufhalte”
15 Nilikuwa naomba tuwe wote kwenye party Ich wollte nur drum bitten, dass wir auf dieser Party zusammen sind
16 Au unasemaje?(Ngwea) Mi naona safi oder was meinst du? — Das find’ ich gut
(Mchizi Mox):
17 Samahani wewe anti ambaye umevaa shati Entschuldigung, Tante, du mit dem Hemd
18 Hivi unaitwa nani eh? – Naitwa Bahati Wie heißt du, eh? – Ich heiße Bahati
19 Hivi anti nishawahi kukuona wapi? Tante, wo hab ich dich schon mal gesehen?
(Rah P):
20 Acha longolongo we sema una shing’ ngapi Quatsch’ nicht, sag einfach, wieviel Schillinge du hast (Ngwair):
21 Oya we vipi mpango wako vipi? Hey, na, wie steht’s bei dir?
(Mchizi Mox):
22 Mbona mi, mazee, mpango wangu safi Heh, Leute, bei mir ist alles klar
(Ngwair):
23 Kuna usiku twenzetu tukachukue taksi Es ist nacht, lasst uns gehen und ein Taxi nehmen
24 Twenzetu tukapige mikasi Lasst uns gehen und Sex machen
Stöhnen einer Frau
Refrain x2
come on, come on
Halo
We
Ee bwana eh, niko ‘round mazee Ee, Mann, ich bin in der Nähe

Quelle: http://www.darhotwire.com/dar/BongoXplosionLyrics/2004/11/08/639.html (mittlerweile deaktiviert), bearbeitet und ins Deutsche übersetzt von Uta Reuster-Jahn

Formale Analyse

Der Songtext besteht aus drei Strophen mit je 24 Zeilen. Die Strophen sind durch den Refrain voneinander abgesetzt. Bevor die Stimme einsetzt, wird ein 4/4-Takt eingeführt, der das ganze Stück hindurch beibehalten wird. Eine Phrase der Melodie erstreckt sich über zwei Takte, wobei der Tonverlauf ab- und wieder ansteigt.Die Textzeilen fallen mit den Takten zusammen. Sie haben keine festgelegte Silbenzahl, die betonten Silben liegen aber immer zwischen zwei Schlägen des Schlagzeugs (Off-beat).

Die beiden letzten Silben jeder Zeile reimen durchgehend auf – CaCi (C=Konsonant), es liegt also ein Haufenreim vor. Das Reimschema wird auch im Refrain durchgehalten. Eine Ausnahme bilden die Zeilen III13 und III21, wo jeweils vipi anstatt –CaCi steht. In den Zeilen II16-19 gibt es einen Binnenreim auf – CaCi (kwani, bati, bati), der zu dem fließenden Sprechen an dieser Stelle beiträgt („Flow“). Reim spielt im Bongo Fleva, wie generell in der gerappten HipHop-Musik eine wichtige Rolle. Die Reimschemata sind jedoch unterschiedlich, und oft nicht sehr regelmäßig. Eine Untersuchung von Reim und Rhythmus im Bongo Fleva, die auch Bezüge zu anderen Formen der Swahili Dichtung untersuchen müsste, steht noch aus.

Diskursanalyse

Die erste Strophe berichtet über den Tag der jungen Männer aus der Sicht eines Ich-Erzählers (Ngwair). In Zeile 7, 14 und 16 wird deutlich, dass sich der Bericht an einen Addressaten richtet. Dieser wird mit Mzee ‘Alter’ (Zeile 7) angesprochen, einer der vielen Varianten der Anredeformen zwischen jungen Männern. Damit wird der Zuhörer in das Umfeld des Rappers einbezogen.

Die ersten 8 Zeilen (1/3 der ersten Strophe) schildern, wie der Ich-Erzähler sein Outfit herrichtet, wobei er, wie in der HipHop-Kultur allgemein üblich, auf bestimmte Attribute Wert legt. In diesem Fall bestehen sie in modischer Kleidung, Schmuck, aktuell angesagten Schuhe von Nike und einem Duft. Ab Zeile 9 ist er mit seinen Freunden zusammen. Die Gruppe wird noch erweitert, wofür man sich an einem Treffpunkt verabredet. Die jungen Männer hängen ab mit Essen, Alkohol und Zigaretten. Am Abend besorgen sie sich Marihuana. Typisch ist hier die Bezugnahme auf örtliche Gegebenheiten wie den Treffpunkt „Chaga Bite“ oder den Friedhof, wo Marihuana gedealt wird. So werden die Protagonisten der Lyrik räumlich verortet, was die Authentizität des Texts erhöht. Der sozialen Verortung dienen die Namen der Gruppen und Individuen aus der Bongo Fleva-Szene, die in Strophe 1 und 2 erwähnt werden. Nachdem Marihuana besorgt ist, regt der Ich-Erzähler an, in die Stadt zu gehen, um Frauen zu finden, mit denen die jungen Männer Sex haben können. Das kostet Geld, deshalb kann nur mitkommen, wer genug davon in der Tasche hat. Die letzte Zeile der ersten Strophe (Zeile 24) leitet von der Schilderung zum Dialog über:

Nikawaambia machizi kinachofuata MIKASI
und dann sag ich den Kumpels, was jetzt noch ansteht, ist SEX

Die zweite Strophe besteht aus der szenischen Darstellung der Vorbereitung des nächtlichen Ausgehens ins Stadtzentrum, um Frauen „abzuschleppen“. Es werden Gesprächsbeiträge der jungen Männer zum Thema der weiteren Gestaltung des Abends wiedergegeben. Die einzelnen Gesprächsbeiträge werden nicht eingeleitet, der Sprecher nicht genannt. Wer spricht, bleibt entweder unklar, oder ergibt sich aus dem Kontext, das heißt die Präsentation ist eine szenische. In einigen Fällen, beispielsweise beim Gesprächsbeitrag des Taxifahrers, moduliert der Rapper seine Stimme, um den Taxifahrer zu markieren. Zeile 8-14 gibt die Verhandlung um den Preis der Taxifahrt ins Stadtzentrum wieder, die von Ngwair geführt wird. Daran schließt sich eine Diskussion unter den jungen Männern darüber an, wer mitkommen kann und wer nicht. Mitkommen soll nur, wer noch genügend Geld in der Tasche hat, da sonst Konflikte wegen Geld im Verlauf des Abends zu erwarten wären. Nachdem geklärt ist, wer nicht mitkommt, wendet sich Ngwair wieder an den Taxifahrer und erteilt ihm den Auftrag in ein bestimmtes Stadtviertel zu fahren. Mit der Ankunft dort endet die zweite Strophe. Bis auf Zeile 7, in der sich der Rapper wieder erzählend an den Hörer wendet, besteht sie aus Gesprächsbeiträgen. Ngwair ist der hauptsächliche Sprecher in dieser Strophe, doch die Beiträge des Taxifahrers (Zeile 11, 13), Ludigos (Zeile 17) und Ventures (Zeile 17) werden entweder von einem anderen Rapper realisiert, oder von Ngwair mit verstellter Stimme. Bemerkenswert ist, dass Ngwair im Gespräch mit dem Taxifahrer den Sprechstil der Gruppe beibehält. In seinem Fall scheint die Jugendsprache ein Soziolekt und kein Register zu sein, das nur in bestimmten informellen Situationen, meist ausschließlich in der eigenen Gruppe, benutzt wird. Dieses Kriterium unterscheidet in der Meinung der tansanischen Öffentlichkeit „Hooligans“ von „modernen Jugendlichen“.

Die dritte Strophe besteht ausschließlich aus Gesprächsbeiträgen. Die Gesprächssituation ist nun komplexer, da es mehr Rollen für Gesprächsteilnehmer gibt. Dargestellt wird zunächst die Ankunft bei der Party und anschließend die Interaktion zwischen den jungen Männern und anwesenden Frauen. Nachdem die Gruppe bei der Party angekommen ist, bewerten die jungen Männer sie unter sich. Sie sind sich einig, dass die Party gut ist und viele Frauen anwesend sind. Dabei taxieren sie die Frauen in Bezug auf die Höhe des finanziellen Einsatzes, den sie voraussichtlich bringen müssen, um sie für die Nacht zu bekommen. Es ist nicht klar, wieviele der Freunde noch zusammen sind, hörbar sind jedenfalls nur zwei von ihnen. Anschließend an die Ankunft bei der Party werden die unterschiedlichen Gesprächssequenzen beim „Anmachen“ der Frauen wiedergegeben. Zeile 10-16 zeigt einen aus Sicht der Männer idealen Verlauf: Eine Frau ruft über einen Vermittler einen der jungen Männer (den Protagonisten Ngwair) zu sich und beginnt in höflicher Weise ein Gespräch mit ihm, indem sie sich zunächst dafür entschuldigt, dass sie seine Zeit in Anspruch nimmt. Eine zweite Anmachsequenz geht vom Mann aus (Rap-Passage von Mchizi Mox) und verläuft wenig entgegenkommend von Seiten der Frau. Die Gesprächseröffnung erfolgt über die Frage nach dem Namen der Frau (Zeile 17-18), die von ihr umstandslos beantwortet wird. Als der Mann jedoch versucht, eine Vertrautheit herzustellen, indem er auf eine vermeintliche frühere Begegnung anspielt (Zeile 19), wechselt die Frau die Ebene und steigt direkt in das „Geschäft“ ein, indem sie ihren Gesprächspartner auffordert, seine Finanzkraft offenzulegen (Zeile 20). Hierbei gibt es einen Anklang an die Preisverhandlung mit dem Taxifahrer, was die Aussage des Refrains unterstreicht: Um das Leben zu genießen, braucht man Geld. Nach dem Abschluss der beiden Verlaufsvarianten von Anbahnungsgesprächen treffen sich die beiden Männer und setzen sich kurz in Kenntnis über den Erfolg ihrer Gespräche (III21-22), worauf sie beschließen, ein Taxi zu rufen, um mit den Frauen zur Sache zu kommen, d.h. mit ihnen Sex zu haben.

Der letzte Refrain mischt sich mit dem lustvollen Stöhnen einer Frau. Den Abschluss des Textes bildet die unter Jugendlichen gängige Abschiedsfloskel niko ‘round mazee, womit ausgedrückt wird, dass man in der Nähe, oder einfach ‘dabei’ ist, auch wenn man nicht physisch anwesend ist.

Insgesamt sprechen folgende Figuren:

Ngwair (II1-2, II6, II8-10, II11-12, II14-16, II18-III1, III4, III6-7, III11, III13, III16, III21, III23-24)
Anonyme Teilnehmer (II3, II4, II5, III2-3, III5, III8-9, III17-18, III22)
Taxifahrer (II11, II13)
Ludigo (II17)
Venture (III17)
Vermittler (III10, III12)
Frau im hautengen Kleid (gesprochen von Rah P; III14-16)
Frau im Hemd (Bahati) (gesprochen von Rah P; III18, III20)

Boasting

Boasting (Selbsterhöhung) und Dissing (Herabsetzung anderer) spielt weltweit in der Rap-Lyrik des HipHop eine wichtige Rolle.10 Ngwairs Selbstdarstellung im Text kann als „indirektes Boasting“ bezeichnet werden, denn obwohl er nirgendwo sagt: „Ich bin der Größte“, bringt er genau dieses zum Ausdruck. Das Boasting wird aber durch die Dialoge kommuniziert und nicht als direkte Deklaration. In den Dialogen stellt sich Ngwair als Wortführer, als vermögend, und als von Frauen begehrt dar. Er ist es, der den Besuch der Party initiiert, er führt das Gespräch mit dem Taxifahrer, und er beherrscht die Sequenz, in der es darum geht, wer von der Gruppe mitkommen kann und wer besser zurückbleibt. Dabei begrenzt er die Gruppensolidarität, die zwar die gemeinsame Nutzung des Zigarettenvorrats zulässt (I14-15), nicht jedoch, dass ein Mitglied ohne eigenes Geld bei einer etwas teureren Unternehmung wie der Taxifahrt in die Stadt und den Besuch einer Party mitmacht, wo Ausgaben für Getränke und Frauen eingeplant werden müssen. Mit dem Hinweis darauf, dass damit Konflikten in der Zukunft vorgebeugt wird, zeigt sich Ngwair hier als verantwortungsvoll. Dabei bringt er noch eine indirekte Form von „Dissing“ gegenüber einem Gruppenmitglied unter, dem er herablassend empfiehlt, sich für sein weniges Geld lieber einen chapati11 zu kaufen, als in die Stadt mitzukommen. Im Gespräch mit dem Taxifahrer behält Ngwair den Gruppenjargon bei, und redet sein Gegenüber mit dem jugendsprachlichen babake (‘sein/ihr Vater’) an. Der Taxifahrer verhält sich defensiv, besteht aber auf seiner Preisforderung. Die jungen Männer kommen ihr nach, indem sie Geld zusammenlegen. Bei der Party taxieren die Männer die weiblichen Gäste. Eine Frau finden sie besonders attraktiv, was sie durch den Augmentativ (Klassenpräfix und –konkordanz nach Klasse 5) ausdrücken:12

III4 „Cheki lile anti lililovaa skintaiti“
III5 „Liko safi siyo mchezo“

Auf die Bemerkung, es erfordere viel Geld, diese Frau zu bekommen, wendet Ngwair ein, dass im Gegenteil die Frau einen Mann wie ihn kaum bekommen könnte. Tatsächlich geht dann die Initiative von der Frau aus – auf die er sich einlässt -, während sein Begleiter sich mit direkten Geldforderungen seiner Gesprächspartnerin auseinandersetzen muss.

Sprachliche Analyse

Mikasi enthält viele nicht-standardsprachliche Elemente, die für einen jugendlichen Sprechstil in Tansania gegenwärtig typisch sind. Der Text ist von Hörern, die keine Kenntnis dieser modernen jugendlichen Umgangssprache haben, kaum zu verstehen. Die folgenden Übersetzungen und Informationen zu den in Mikasi verwendeten jugendsprachlichen Begriffen gründen auf Informantenbefragungen in Tansania im Rahmen einer Forschung zum jugendlichen Sprechstil und Jugendlexikon, die zwischen 2000 und 2006 durchgeführt wurde (vgl. Reuster-Jahn & Kießling 2006).

Das Lexem Mikasi

Mikasi bedeutet im Standard-Swahili „Scheren“, Ngwair gebraucht das Lexem jedoch als Metapher für den Geschlechtsakt, deren kognitive Motivation in der Bewegung der Schere besteht.13 Die Hörer müssen die Bedeutung aus dem Kontext erschließen. Da Mikasi ein Erfolg wurde, machte es die Prägung Ngwairs bekannt und das Lexem wurde in die Jugendsprache aufgenommen. Ein großer Teil der jugendlichen Informanten kannte die Etymologie des Begriffs. Das Nomen mikasi dient als Grundlage zur Bildung von Phrasemen. Die männliche Aktivität beim Geschlechtsverkehr wird als kula mikasi (eigtl. ‘Scheren essen’) beziehungsweise piga mikasi (eigtl. ‘Scheren schlagen’) bezeichnet. Kula ist eine gängige metaphorische Ausdrucksweise im Zusammenhang mit jeder Art von Konsum, während piga semantisch relativ leer ist, jedoch die energische Ausführung einer Handlung ausdrückt. Im Zusammenhang mit den Phrasemen kommt jedenfalls zum Ausdruck, dass der männliche Partner der aktive ist. Soll die Gegenseitigkeit beim Geschlechtsakt betont werden, so ist der Ausdruck fanya mikasi, ‘Scheren machen’ gebräuchlich, der als Analogiebildung zum standardsprachlichen fanya mapenzi ‘Liebe machen, miteinander schlafen’ betrachtet werden kann.14

Anredeformen

In der Lyrik von mikasi werden Anredeformen gebraucht, die den Sprechstil Jugendlicher kennzeichnen und in der Standardsprache nicht üblich sind. Innerhalb der Gruppe sind folgende Anredeformen üblich, die alle annäherungsweise mit „Freund“ übersetzt werden können:

  1. mzee (I7), eigtl. ‘alter Mann’. Anrede unter männlichen Gesprächspartnern.
  2. mazee (III23 und Schlusszeile), eigtl. ‘alte Männer’. Durch Präfix der Klasse 6 als Augmentativ markiert.
  3. washikaji (II2), Neubildung, abgeleitet vom Verb shika ‘(fest)halten’. Relativ geschlechtsneutral, aber mehr von Männern benutzt.
  4. babake (II14, III5), eigtl. ‘sein/ihr Vater’. Relativ geschlechtsneutral, aber mehr von Männern benutzt.
  5. braza (III10), Transfer des englischen Lexems ‘brother’.
    Anrede unter jungen Männern, hauptsächlich von jüngeren gegenüber älteren benutzt, entsprechend Swahili kaka.
  6. Im Rap-Text von mikasi kommen weitere umgangssprachliche Anredeformen vor, die für Gesprächspartner außerhalb der Gruppe benutzt werden.
  7. suka (II23) ‘Fahrer’, Metonymie, gebildet durch Verkürzung des Nomens usukani ‘Lenkrad’.
  8. anti (13, 17, 19). Respektvolle Anrede für Frauen, allgemein umgangssprachlich verwendet. Transfer des englischen Lexems ‘aunt’.

Anglizismen

Anglizismen liegen in Form von Verben, Substantiven und Adjektiven vor.

  • Verben:
    1. bath (I2) ‘duschen’; anstatt Standard-Swahili oga.
    2. sachi (I21) ‘untersuchen, nachsehen, prüfen’; anstatt Standard-Swahili tafuta, angalia.
    3. cost (II10) ‘kosten’; anstatt Standard-Swahili gharamia.
  • Substantive:
    1. lunch (I17) ‘Mittagessen’; anstatt Standard-Swahili chakula cha mchana.
    2. night (I19) ‘Nacht’; anstatt Standard-Swahili usiku.
    3. graveyard (I20) ‘Friedhof’; anstatt Standard-Swahili makaburini.
    4. kitchen party (III3) ‘Ansammlung von Frauen’. Dieser Ausdruck hat keine Entsprechung im Swahili. Er bezeichnet eine Feier im Laufe von Hochzeitsveranstaltungen, bei der nur Frauen und die Braut zugelassen sind.
  • Adjektiv:
    • black (I5, III10) ‘schwarz’; anstatt Standard-Swahili –eusi.

Pseudoanglizismen

Lehnwörter können in der aufnehmenden Sprache eine andere Bedeutung annehmen als in der Quellsprache, wobei die ursprüngliche Bedeutung erweitert oder aufgegeben wird. Im Text von Mikasi lassen sich hierfür Beispiele finden:

  1. cheki ((II13, III3) ‘sehen’; anstatt Standard-Swahili ona.
    Die eigentliche Bedeutung ‘prüfen, kontrollieren, checken’ besteht weiterhin, wie in I23 und II9 belegt.
  2. maindi (II14) ‘wollen, mögen, verlangen’; anstatt Standard-Swahili taka, dai, penda.
    Die ursprüngliche Bedeutung ‘aufpassen, beachten’ besteht daneben weiter, doch gibt es dafür im Text keine Belege.

Auch Transfers aus dem amerikanischen Slang und Begriffe der HipHop-Kultur erfahren in manchen Fällen eine Bedeutungsverschiebung, wie am Begriff „Ghetto“ gezeigt werden kann.

Begriffe der HipHop-Kultur

Der Begriff geto ist ein Beispiel für die Umdeutung eines Begriffs der westlichen HipHop-Kultur im Verlauf der Aneignung im afrikanischen Kontext. Im Gegensatz zum amerikanischen Ghetto ist geto in Tansania einfach ein Raum, der von mehreren Jugendlichen bewohnt, oder als Treffpunkt benutzt wird (Remes 1998: 172, Raab 2006: 80 f.). In dieser Bedeutung wird es auch in Mikasi benutzt (I3). Ngwair hat möglicherweise selbst zur Definition des Begriffs beigetragen. In seinem Stück Ghetto langu (‘Mein Ghetto’ 2003) beschreibt er einen mit TV, DVD-Deck, CD-Player usw. überdurchschnittlich gut ausgestatteten Raum (Raab 2006: 80). Die Ausstattung ist jedoch nicht so wichtig, was zählt ist, dass der Raum von Jugendlichen gemeinsam bewohnt oder genutzt wird. Ein weiterer Begriff aus der HipHop-Kultur ist blingbling ‘Schmuck, Ketten’, der seine Bedeutung in Tansania behalten hat.

Semantische Domänen

Jugendsprachliche Begriffe häufen sich in bestimmten semantischen Domänen, was deren Wichtigkeit in Leben, Vorstellung und Handeln reflektiert. Dies lässt sich auch am Text von Mikasi zeigen, in dem einige der von Reuster-Jahn & Kießling (2006: 18 ff.) für die jugendliche Umgangssprache in Tansania beschriebenen semantischen Domänen vertreten sind.

Kleidung

Aussehen und Kleidung haben in der Jugendkultur eine große Bedeutung, was in mikasi deutlich zum Ausdruck kommt. In Zeile I1-8 wird die Morgentoilette eines jungen Mannes geschildert, die Körperpflege und Outfit umfasst. Im jugendsprachlichen Lexikon gehört „Aussehen und Kleidung“ zu einer der besonders ausgearbeiteten Domänen (Reuster-Jahn & Kießling 2006: 25 f.). In Mikasi erscheinen folgende Lexeme daraus:

  1. pamba (I4) ‘modische, wertvolle Kleidung’; anstatt Standard-Swahili nguo nzuri. Hier handelt es sich um eine Synekdoche: pamba hat im Standard-Swahili die Bedeutung ‘Baumwolle’.
  2. blingbling (I4) ‘Schmuck, Ketten’; Transfer aus dem amerikanischen Slang.
  3. t-shirt black (I5) ‘schwarzes T-Shirt’.
Englische Lexeme mit Swahili-Wortstellung:

Nomen vor Adjektiv.

  1. jeanz ya kaki (I5) ‘Jeans in khaki’.
  2. simple white chata nike (I6) ‘einfache weiße Turnschuhe der Marke Nike’.

In der dritten Strophe kommt die Bedeutung von Kleidung in der Wahrnehmung anderer Menschen zum Ausdruck (Beispiele 1. und 2.). Sie wird sogar zur spezifischen Anrede eines unbekannten Gegenübers benutzt (Beispiele 3. und 4.).

  1. lile anti lililovaa skintaiti (III4) ‘die Frau dort im hautengen Kleid’.
  2. yule aliyevaa suti ya kaki (III12) ‘die dort, die einen Hosenanzug in khaki trägt’.
  3. braza mwenye black (III10) ‘Bruder in schwarzer Kleidung’.
  4. anti ambaye umevaa shati (III17) ‘Frau, die du ein Hemd trägst’
Drogen

Alkohol und andere Drogen werden von Jugendlichen in Tansania mit vielen verschiedenen Begriffen bezeichnet (Reuster-Jahn & Kießling 2006: 28). Im Text von Mikasi kommen Begriffe für Marihuana (1.) und Alkohol (2.) vor.

  1. blanti (Refrain) ‘blunt’; nyasi (II20) ‘Gras’. Lehnübersetzung (Calque) von engl. ‘grass’.
  2. mitungi (Refrain und I13); ‘Alkoholisches Getränk’. Metonymie von Standard-Swahili mitungi ‘Tongefäß zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten’.
Frauen

Frauen treten in Mikasi als Objekte der Begierde auf, die der rein männlichen Gruppe gegenüberstehen. Sie werden von den jungen Männern mit besonderen Begriffen benannt, an denen die jugendliche Umgangssprache reich ist (Reuster-Jahn & Kießling 2006: 21 f.). Im Text Mikasi werden fast nur pejorative Ausdrücke verwendet (Beispiele 1. und 2.). Das Beispiel (3.) mademu ist eher neutral, bekommt aber im Ausdruck mademu wa mikasi eine pejorative Konnotation. Die Haltung Frauen gegenüber erhält dadurch einen misogynen, fast aggressiven Eindruck. Dies steht in Kontrast zur schmeichelnden direkten Konversation mit ihnen. Geht es um eine konkrete Frau, wird eine respektvolle Bezeichnung und auch Anrede verwendet (Beispiel 5.). Obwohl offensichtlich allen Beteiligten klar ist, dass im Austausch gegen Sex Geld erwartet wird, handelt es sich beim in Mikasi dargestellten Verhältnis zwischen den männlichen Protagonisten und den Frauen doch keineswegs um offene Prostitution. Die jungen Männer treten im Lied nicht als Freier, die Frauen nicht als Sexarbeiterinnen auf. Inwieweit unter den Jugendlichen Tansanias ein Wandel der Einstellungen zu Geschlechterrollen im Gange ist und in welche Richtung er verläuft, wäre ein lohnendes Forschungsthema.

  1. milupo (III2, III3), Singular mlupo ‘Junge Frauen, die leicht zu haben sind’ (möglicherweise auch ‘Frauen, die sexuell appetent sind’). Pejorativer Ausdruck.
  2. midudu ya kupiga mikasi (II9), eigentlich ‘Dinger zum Schneiden mit Scheren’, im Lied mit der Bedeutung ‘Weiber für Sex’ verwendet. Es handelt sich hier um einen stark pejorativen und misogynen Ausdruck. Der Nominalstamm –dudu bezeichnet etwas nicht genau Definiertes, mit dem Präfix der Klasse 1 bedeutet er „Insekt, kleines (krabbelndes oder fliegendes) Getier“. Das Präfix der Klasse 4 mi- enthält die Bedeutung von „mächtig, bedrohlich“ (Contini-Morava 1997, Reuster-Jahn & Kießling 2006: 49). Da der Ausdruck von Ngwair gegenüber dem Taxifahrer verwendet wird, ist fraglich, ob dieser ihn überhaupt im Sinne des Sprechers versteht, da er ja nicht zu dessen Gruppe gehört. In diesem Fall läge hier ein Beispiel von mafumbo vor, einer doppeldeutigen Rede.
  3. mademu (III3), Sing. demu. ‘Frauen’. Semantische Erweiterung des aus dem Englischen transferierten Lexems ‘dame’.
  4. mademu wa mikasi (III9) ‘Frauen für Sex’.
  5. anti (III4, III10) ‘Frau’. Transfer des englischen Lexems ‘aunt’.
Freunde

Auch hinsichtlich der Bezeichnungen für Mitglieder der eigenen Gruppe ist das jugendsprachliche Lexikon reich, wobei in vielen Fällen zwischen Anrede und Referenz unterschieden wird. Wenn in Mikasi über die Gruppenmitglieder gesprochen wird, werden folgende Lexeme verwendet:

  1. machizi (I9, I24), Sing. chizi; Begriff, der je nach Kontext einen verrückten Menschen oder einen Freund bezeichnet.
  2. washikaji (II2), Sing. mshikaji; abgleitet vom Verb shika ‘halten, festhalten’.
Geld

Die Gedanken vieler Jugendlicher in Tansania kreisen häufig um Geld, das im Prinzip nie ausreicht und dessen Quellen nie gesichert sind. Das jugendsprachliche Lexikon in Tansania enthält eine große Menge von Ausdrücken sowohl für Geld im Allgemeinen als auch für die einzelnen Münzen und Scheine. In Mikasi werden folgende erwähnt:

  1. buku (II11, II17) ‘Tausend-Schilling-Schein’.
  2. bati (II17, II18, II19) ‘Hundert-Schilling-Münze’; Metonymie von Standard-Swahili bati ‘weißes Hartmetall’.
Genießen

Der Anspruch, das Leben zu genießen, kennzeichnet die Jugendkultur auch in Tansania, und in Mikasi wird er dezidiert zum Ausdruck gebracht. Dazu passt, dass der Video-Clip zu Mikasi eine Pool-Party zeigt. In Mikasi werden vier verschiedene Ausdrücke für den Bereich „Genießen“ benutzt. Kula raha (I16) ‘genießen’ ist ein allgemein umgangssprachlicher Begriff, während es sich bei kamua, makamuzi und vinjari um Lexeme handelt, die speziell den jugendlichen Sprachstil kennzeichnen.

  1. kamua (I17) ‘genießen’; im Standard-Swahili ‘auspressen, melken’.
  2. makamuzi (II19) ‘Genuss, Genießen’, abgleitet von kamua.
  3. vinjari (Refrain) ‘genießen, herumziehen’; im Standard-Swahili ‘herumgehen und spionieren’.
Kommunikation

Kommunikation ist ein weiterer Bereich, in dem viele Begriffe des jugendlichen Sprechens angesiedelt sind. Es handelt sich dabei um Ausdrücke für ‘sprechen’, ‘schwindeln’, ‘angeben’ usw. Im Text von Mikasi ist der Begriff longolongo (III20) ‘leere Worte, Gequatsche’ enthalten. Dieser stellt eine Nominalisierung des jugendsprachlichen Verbs longa ‘sich unterhalten, sprechen, quatschen’ dar.

Allgemein umgangssprachliche Merkmale in Mikasi

Neben spezifisch jugendsprachlichen Elementen enthält Mikasi auch solche der allgemeinen Umgangssprache. Diese bestehen in gängigen Verkürzungen von Wörtern (Beispiele 1, 2) und der Verwendung des Perfekts mit -sha- anstatt des standardsprachlichen -mesha- (Beipiele unter 3). Auch mida (I17) als Plural von muda ‘Zeit, Zeitdauer’ existiert im Standard-Swahili nicht.

  1. mi (I23, II21, III6, 16, 22) ‘ich’; anstatt Standard-Swahili mimi.
  2. we (II16, 18, III20, 21) ‘du’; anstatt Standard-Swahili wewe.
  3. tushalewa (II1) ‘wir sind schon betrunken’; tushafika (III1) ‘wir sind schon angekommen’; nishawahi (III19) ‘ich hatte schon Gelegenheit, ich habe schon’.

Ausblick

Die Songtextanalyse von Mikasi zeigt, dass die Rap-Texte des Bongo Fleva ein reiches Material darstellen, um ganz unterschiedliche Phänomene zu untersuchen. Dazu gehört die Konstruktion von Jugend– oder HipHop-Identität im Diskurs und die Verwendung von Elementen eines jugendlichen Lexikons im Kontext genauso, wie die Poetik und das Zusammenspiel von Musik und Text. Auch im Zusammenhang mit Globalisierungs-, Lokalisierungs- und Remediatisierungsprozessen sind die Texte des Bongo Fleva aufschlussreich. Erst die Berücksichtigung der Vielfalt in Bezug auf Künstler, Thematiken und Diskursen im Bongo Fleva wird ein genaues Bild der Diskurse in der tansanischen Rap-Lyrik ergeben können. In einem weiteren Schritt wäre der Vergleich mit der Aneignung und Rekontextualisierung des amerikanischen HipHop in anderen Ländern Afrikas sowie Europas interessant. Man könnte dabei auf die diskursanalytischen Methoden zurückgreifen, die Androutsopoulos & Scholz (2002) für die Untersuchung der Aneignung von HipHop in verschiedenen europäischen Ländern angewandt haben. Die Anbindung der Texte an gesellschaftliche Diskurse über Jugend in Tansania wäre ein weiteres Forschungsdesiderat.

Literatur

  • Androutsopoulos, Jannis & A. Scholz. 2002. On the recontextualisation of hip-hop in European speech communities: a contrastive analysis of rap lyrics. Philologie im Netz 19: 1-42. URL: http://web.fu-berlin.de/phin/phin19/p19t1.htm.
  • Androutsopoulos, Jannis (Hrsg.). 2003. HipHop. Globale Kultur – lokale Praktiken. Bielefeld: transcript.
  • Auzanneau, Michelle. 2003. Rap als Ausdrucksform afrikanischer Identitäten. Androutsopoulos, Jannis (Hrsg.), HipHop. Globale Kultur – lokale Praktiken. Bielefeld: transcript. Pp. 190-215.
  • Contini-Morava, Ellen. 1997. Noun classification in Swahili: a cognitive-semantic analysis using a computer database. Robert K. Herbert (Hrsg.). African linguistics at the crossroads: Papers from Kwaluseni. Köln: Rüdiger Köppe. Pp. 599-628.
  • Graebner, Werner. 1995. Mambo – Moderne Textformen und rezente Sprachentwicklung in Dar es Salaam. Gudrun Miehe & W.J.G. Möhlig (Hrsg.), Swahili Handbuch, Köln: Köppe. Pp. 263-277.
  • Mekacha, Rugatiri. 1992. Are women devils? The portrayal of women in Tanzanian popular music. Werner Graebner (Hrsg.). Sokomoko. Popular culture in East Africa (Matatu 9), Amsterdam, Atlanta (GA): Editions Rodopi. Pp. 99-113.
  • Philippe, Natalie. 2005. Kunst und Gewalt: Battles im HipHop. Eine diskursanalytische Untersuchung der Sprechakte „Boasten“ und „Dissen“ in deutschsprachigen Rap-Texten der Jahre 2001 bis 2004. Diplomarbeit, Institut für Erziehungswissenschaften, Justus Liebig-Universität Gießen. URL: http://static.twoday.net/bildung/files/diplomarbeit-natalie-philippe.pdf.
  • Raab, Klaus. 2006. Rapping the nation. Die Aneignung von HipHop in Tansania. Berlin: LIT.
  • Remes, Pieter. 1998. Karibu ghetto langu – Welcome in my ghetto: Urban youth, language and culture in 1990s Tanzania. Dissertation. Chicago: Northwestern University.
  • Reuster-Jahn, Uta. 2002. Erzählte Kultur und Erzählkultur bei den Mwera in Südost Tansania. Köln: Köppe.
  • Reuster-Jahn, Uta & Roland Kießling. 2006. Lugha ya Mitaani in Tanzania. The poetics and sociology of a young urban style of speaking, with a dictionary comprising 1100 words and phrases. Swahili Forum 13 (Special issue). http://www.ifeas.uni-mainz.de/SwaFo/.
  • Roch, Anna & Gabriel Hacke. 2006. HipHop in Tansania zwischen Message und Flava. (Sozialanthropologische Arbeitspapiere 101). Berlin: Schiler.

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Fussnoten

  1. Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag beim 19. Afrikanistentag in München, 11. – 13. Februar 2006. Ich danke Roland Kießling, Matthias Krings und Gabriel Hacke für Kommentare zu diesem Artikel.
  2. Die Schreibweise „Bongo Fleva“ hat sich gegenüber der älteren „Bongo Flava“ seit etwa 2005 in Tansania weitgehend durchgesetzt. Sie markiert das Endstadium der „Swahilisierung“ des englischen Lexems „flavour“.
  3. Dies ist nur eine grobe Charakterisierung. Eine Feinanalyse steht noch aus. Eine genaue Untersuchung dieses Themas anhand eines umfangreichen Textkorpus wäre hier wünschenswert.
  4. Die Abgrenzungsfunktion besteht gegenüber der älteren Generation und gegenüber wohlhabenden oder sozial aufstrebenden Schichten. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Jugendmilieus, die sich ebenfalls gegeneinander abgrenzen. Dieser Aspekt ist noch nicht untersucht worden.
  5. In der Jugendsprache Tansanias überwiegen bei weitem die Bezeichnungen für Frauen, was darauf hinweist, dass die Schöpfer der Jugendsprache überwiegend männlich sind.
  6. Bei Rah P handelt es sich um eine junge Bongo Fleva-Künstlerin.
  7. Die Kategorie „Party“ wird von Raab (2006: 100 ff.) verwendet. In der Terminologie von Roch & Hacke wäre Mikasi der Kategorie „flava“ zuzuordnen und eventuell als Mischform zwischen Battle-Lied und Real-Life-Lied zu bezeichnen (2006: 9-10).
  8. Das amerikanische Slang-Lexem ist eine onomastische Synekdoche der Zigarrenmarke „Phillies Blunt“ und bezeichnet ausgehöhlte, mit Marihuana gestopfte Zigarren.
  9. Großschreibung in der Version der Website: http://www.darhotwire.com/dar/BongoXplosionLyrics/2004/11/08/639.html.
  10. Eine Untersuchung von Diskursen des Boastens und Dissens in der deutschen Rap-Lyrik liegt mit Philippe (2005) vor.
  11. Pfannkuchen aus einem Teig aus Mehl, Salz und Wasser.
  12. Diese Interpretation beruht auf Auskünften von Informanten. Die Zuordnung zu Kl. 5 drückt hier „sifa“ (Lob, Preis, Ruhm) aus.
  13. Im Videoclip zu Mikasi kreuzen die Künstler die Arme vor der Brust, wenn sie das Wort „mikasi“ aussprechen.
  14. Bei der Übersetzung umgangssprachlicher Ausdrücke ist zu wählen zwischen der Standardform und alternativen umgangssprachlichen Formen der Zielsprache, wobei letztere zwar lebendiger wirken, jedoch wegen ihrer unterschiedlichen Konnotationen und Kontextbedingungen eine falsche Vertrautheit herstellen können. Im Fall von piga mikasi fiel die Entscheidung zugunsten einer eher neutralen Übersetzung als „Sex machen“, gegenüber expliziteren umgangssprachlichen Begriffen.